Eine Rundreise durch Marokko - auf eigene Faust - mit dem (Miet)Wagen? Haben wir uns das gut überlegt? Offenbar nicht! Als mir die ersten Meter vom Flughafen nach Casablanca Fußgänger auf der Autobahn begegnen, begannen erste Zweifel - das Verkehrschaos in der Stadt des weltbekannten Melodrams aus 1942 gaben uns gleich am ersten Tag den Rest! Unser Glück, das Fahren wurde von dem Tag an besser - weil wir das System hier besser verstanden und vor allem weil keine weiteres Stadt mehr so chaotisch war. "Ich schau dir in die Augen?" Fehlanzeige. Eine zugegeben beeindruckende Moschee und sonst nix.
Rabat (die eigentliche Hauptstadt) war da schon eher unser Ding - und definitiv Marokko für Anfänger.
In Fès mussten wir leider feststellen, das man mit europäischer Höflichkeit (angesprochen zu antworten) hier überfordert sind. Meistens steht dahinter, dass man gefälligst etwas zu kaufen hätte, oder zumindest ein Trinkgeld fällig ist. Ein interessierter Blick zu viel und man ist mitten in einem Verkaufsgespräch. Und ohne Stadtführer hätten wir wohl kaum etwas zu sehen bekommen; das galt leider auch für Marrakesch!
Natürlich kann man sich treiben lassen, in den engen Gassen und Winkel - man wird fantastische Ecken und Dinge entdecken - nur sich dabei auch hoffnungslos verlaufen, denn mit bloßer Orientierung kommt man hier nicht weit - die Gassen führen selten dorthin, wo man erwartet. Aber auch so erwerben wir Gewürze, Öle, Decken und für Adam einen Kaftan. Dabei lernen wir, dass Minze nicht nur das Getränk No I hier ist, sondern auch als marokkanische Gasmaske bezeichnet wird (in der berühmten Gerberei), der Esel als marokkanisches Taxi und eben der Tee als marokkanischer Whisky genannt wird.
Meknès, die dritte Königsstadt ist viel kleiner, beschaulicher und weit weniger touristisch. Unser Weg durchs Landesinnere abenteuerlich, vor allem, weil stark verschleierte Fahrerinnen schon eher eine Gefahr darstellen und die Baustellen nicht wirklich abgesichert sind. Dafür begegnen wir nahezu an jeder Stadt Kontrollposten, die aber, falls sie uns überhaupt anhalten, immer sehr freundlich sind.
In Marrakesch begegne ich zum ersten Mal in meinem Leben Schlangenbeschwörer so auf der Straße - und nein, es ist keine gute Idee, mit der Schlange auf den Schultern mir nachzulaufen um ein Bakschisch zu erbetteln! Aber es gibt hier auch die Oasen der Erholung, wie etwa auf dem Dach des Fotomuseums (mit Minztee und atemberaubend schönem Blick über die Stadt), oder der Garten Majorell des Yves St Laurent.
Die Weiterfahrt ans Meer bot uns zwei Überraschungen: Eine stark überflutete Straße, deren Verlauf wir nur dank des voranfahrenden Autos erahnen konnten und Ziegen auf Bäumen. (gut, das Bild hat wohl jeder schon mal gesehen - aber wenn man dann selbst davor steht, glaubt mans kaum - auch, wenn sofort ein Junge mit Zicklein auf den Schultern zu uns rennt was der wohl wollte; aber wir fahren da schon weiter...)
Essaouira, die alte Hafenstadt, ist dann Marokko ganz nach unserem Geschmack! Du wirst am Markt weder überfallen, noch in die Irre geleitet, die Händler erwarten nicht, dass wir gleich jetzt und sofort etwas kaufen - das macht sich letztlich für sie und auch uns bezahlt! Das Meer Ende März ist herrlich, nur darf man die Sonne nicht unterschätzen - wir beide haben leider etwas zu viel davon abbekommen...
Eigentlich war als letzter Stopp noch einmal Casablanca geplant, so übernachten wir kurz entschlossen in El Jadida - eine gute Entscheidung. Das Portuiesenvierrtel und die berühmte Zisterne sind sehenswert und wir können so entspannt Abschied nehmen, von Marokko, einem Land, dass gegensätzlicher nicht sein könnte. Manches scheint wie im Mittelalter - aber das Netz (und auch wenn vorhanden W-Lan) um längen besser als in Deutschland (dafür wesentlich günstiger!) Der Verkehr chaotisch, aber wir haben keinen einzigen Unfall gesehen!
Unser liebstes Reiseland wird Marokko sicher nicht - aber man sollte unbedingt einmal hier gewesen sein... Und wenn man sich ein klein wenig auf Zuhause freut, ist das doch auch nicht verkehrt!
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